Ein Mandant war ein ganzes Jahr arbeitsunfähig (Krankgeschrieben). Der Mandant möchte nun wissen, ob ihm der Urlaubsanspruch noch zusteht. [Inzwischen wurde das Arbeitsverhältnis beendet und er fragt konkret nach, ob er für den gesamten Jahresurlaub eine Abgeltung verlangen kann. Kann der Erholungsurlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG).]
Der Arbeitgeber hat dies natürlich (bisher) nicht eingesehen und argumentierte sinngemäß: Wer nicht arbeitet, der braucht auch keinen Urlaub.
Das LAG Mecklenburg – Vorpommern (Urteil vom 24.06.2014 – Sa 221/13) sah das anders:
Der gesetzliche Mindesturlaub aus § 3 BUrlG ist in voller Höhe trotz der fehlender Arbeitsleistung des Klägers im gesamten Jahr 2011 entstanden. Denn für das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und nicht seine aktive Durchführung Voraussetzung (ständige Rechtsprechung, vergleiche nur BAG vom 28.01.1982, 6 AZR 571/79, BAGE 37, 382 = AP Nr. 11 zu § 3 BUrlG Rechtsmissbrauch = DB 1982, 1065 und BAG vom 07.08.2012, 9 AZR 353/10, BAGE 142, 371 = AP Nr. 61 zu § 7 BUrlG = NJW 2012, 3529). Der Urlaubsanspruch steht nicht unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer gearbeitet hat. Selbst in einem ruhenden Arbeitsverhältnis entstehen die Urlaubsansprüche. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch ist gemäß § 13 Absatz 1 Satz 1 BUrlG unabdingbar (BAG vom 07.08.2012, aaO).
Der Urlaubsanspruch des Klägers aus dem Jahr 2011 ist nicht vor Klageerhebung im Februar 2013 untergegangen.
Es entspricht zwar allgemeiner Auffassung, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers ersatzlos untergeht, wenn er weder bis Ende des laufenden Jahres noch bis zum Ende des Übertragungszeitraums im Sinne von § 7 Absatz 3 BUrlG (31. März des Folgejahres) genommen oder gewährt worden ist. Von dieser Regel hat die Rechtsprechung allerdings inzwischen wegen europarechtlicher Vorgaben dann eine Ausnahme gemacht, wenn der Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber gar nicht erfüllt werden konnte. Dieser wegen durchgehender Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllbare Urlaubsanspruch geht erst 15 Monate nach dem Ende des Kalenderjahres, in dem er entstanden ist, unter (BAG vom 07.08.2012, aaO).
Damit wäre der Abgeltungsanspruch für den Urlaub aus dem Jahre 2011 erst mit Ablauf des 31. März 2013 untergegangen. Der Kläger hat seinen Abgeltungsanspruch aber bereits vor diesem Zeitpunkt gerichtlich geltend gemacht. Seine Zahlungsklage hindert den Untergang des Anspruchs, da dieser – ebenfalls wegen europarechtlicher Vorgaben – inzwischen als reiner Geldanspruch angesehen wird (BAG vom 19.06.2012, 9 AZR 652/10, BAGE 142, 64 = AP Nr. 95 zu § 7 BUrlG Abgeltung = DB 2012, 2288). Damit ist der Abgeltungsanspruch unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer im verlängerten Übertragungszeitraum seine Arbeitsfähigkeit wieder erreicht hat.
Fazit: Der Arbeitnehmer hat also trotz Erkrankung einen Anspruch auf Urlaub / Urlaubsabgeltung (wenn der Urlaub nicht mehr genommen werden kann).
Nun müssen wir nur noch den Arbeitgeber (notfalls mit Hilfe des Arbeitsgerichts Potsdam) davon überzeugen.....
Rechtsanwalt Frank Theumer | Ja - Arbeitsrecht machen wir auch | Zu Recht !! | Ludwigsfelde, den 28. Jan 2015
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